Von Cash-Cows und Graswurzeln

Der Medizinalcannabismarkt ist heiß umkämpft und Investitionsmöglichkeiten gesucht. Dabei kommt es aus Patientenperspektive auch zu vielen guten Entwicklungen. Als Patientenrat sind wir dankbar, dass patients first für viele Akteure keine leere Phrase ist. Aber es gibt auch eine andere Seite. Findige Geschäftemacher loten alle Winkel der Szene aus, im Auftrag der Rendite. Selbstverständlich nur zum Wohle des Patienten, versteht sich. Sind Cannabispatientinnen für manche Marktteilnehmer reine Cash-Cows?

 

Zum Beispiel für Verschreibungsfirmen, die an einer Cannabinsbehandlung interessierte kranke Menschen mit leichtem Zugang, aber dafür sehr oft horrenden Preisen locken. Und die Rezepte im Fließbandtempo ausstellen. Gern auch im Verbund, getrieben von Investoren und mit einem Netzwerk im Rücken, das die Verschreibung und die Vermarktung der imperiumseigenen Produkte absichern kann. Patientensicherheit steht hierbei nicht immer im Vordergrund.

Ebenfalls ein Problem stellt aggressive organische Werbung mancher Akteure über verschiedene Plattformen dar. Influencer und Hanffluencer, die zielgruppengerecht und leider manchmal auch jugendkompatibel bei der Vermarktung über soziale Netzwerke und Videoportale helfen. Auch wenn wir anerkennen, dass es möglicherweise einen Bedarf daran gibt, verfügbare Möglichkeiten zum Marketing auszunutzen, vermissen wir von einigen Teilnehmern die nötige Transparenz.

Dann ist da noch die unselige aufkeimende Praxis, die leider auch unter Patientinnen Einzug hält, anderen ratsuchenden Patientinnen mit dem eigenen Wissensvorrat Unterstützung zu sehr selbstbewussten gepfefferten Stundensätzen in Rechnung stellen zu wollen. Auch Beratung wird in unserem System gern warenförmig. Der Beratungsbedarf steigt – und Beratungsleistung kann verkauft werden. Was manche erkannt haben. Und manche leider ausnutzen. So, als wäre das Gesetz nicht vor allem durch angewandte Selbsthilfe und Unterstützung von Patienten für Patienten gekommen. Sozusagen durch Graswurzelarbeit.

Als Patientenverband richten wir uns nicht per se dagegen, dass solche, die anderen Unterstützung bieten, eine Beratungsleistung als Dienstleistung anbieten. Niemand soll ehrenamtlich verhungern. Fair sollte es allerdings sein. Und klar von ebenfalls anzubietender kostenloser Beratung abgegrenzt sein. Eventuelle Preise sollten transparent vermittelt werden. Horrende Stundensätze und ähnliche Versuche, über das Leiden von Unterstützung suchenden Menschen an Geld zu kommen, lehnen wir als Patientenverband aber ab.

Denn es geht in unserer Arbeit um die Emanzipation von CannabispatientInnen. Um die Anleitung zur Selbsthilfe. Um Selbstbefähigung. Und nicht um die Schaffung neuer Abhängigkeiten. Wissen sollte nicht künstlich verknappt und monetarisiert werden. PatientInnen sind gut beraten, sich im SCM zu organisieren. Oder uns finanziell zu unterstützen. Um die Geschäftemacherei auf dem Rücken kranker Menschen klein zu halten. Und um sich für einen so niedrigschwelligen Zugang zu Cannabismedizin wie möglich einzusetzen. Unser Selbsthilfenetzwerk bietet neben Raum für Aktivismus und Selbsthilfearbeit eine Website und ein Forum. Zum weiteren Autausch gibt es regelmäßige Onlinetreffen.

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