Am Rande einer gelungenen Kundgebung

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Auch wenn der Verfasser dieser Zeiler selbst nicht in Bonn bei der Kundgebung von ACM/SCM war, so kann er doch gut nachvollziehen was für ein Frust bei manchen Patienten über die Aktion der Wirtin in den Rheinauen geherrscht hat, als man sich dort zum gemütlichen “After Smoke” traf. Da hat man als Kranker schon eine schwer erkämpfte Erlaubnis zum Gebrauch von Cannabis und dennoch wird von der Restaurant-Besitzerin die Polizei herbeigerufen, um so das eigene Hausrecht durchzusetzen, weil in ihrem Lokalgarten “gekifft” worden ist. Tsss…tsss…tsss…

Es muss allerdings an dieser Stelle noch einmal an das frühere SCM – Mitglied C. erinnert werden, der kurz nach Erteilung der Genehmigung sich in seinem Heimatort wie selbstverständlich in eine Kneipe gesetzt – und dort inmitten anderer Gäste sein Bedrocan geraucht hat. Er ist nach eigenem Bekunden damals sofort rausgeworfen worden, obgleich er dem Wirt quasi “zum Beweis der Legalität seines Tuns” die Erlaubnis-Urkunde präsentiert hatte.

Ist es also gar nicht selbstverständlich, dass man als “legaler Gebraucher” seine Medizin an jedem Ort einnimmt?

Darf man es? Soll man es? Muss man es (denn)?

Vielleicht ist das Beispiel der behördlich geregelten Positionierung von niederländischen Coffeeshops oder von US-amerikanischen Cannabis – Dispensaries in Mindest-Entfernungen von Schulen und Kitas geeignet, um in manchem gefrusteten Erlaubnis-Inhaber ein wenig mehr Feingefühl für die jeweilige Situation wachzurufen, denn

“Kiffen” in der Öffentlichkeit schafft Irritationen.

Kiffen in der Öffentlichkeit stößt auf Unverständnis.

Kiffen in der Öffentlichkeit produziert Vorurteile.

Kiffen in der Öffentlichkeit wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch immer dann die Polizei auf den Plan rufen, wenn nicht alle unbeteiligten Zuschauer tolerant und aufgeklärt genug sind, um das Kiffen unbeeindruckt hinzunehmen. Die Polizei wird (muss) also stets dann erscheinen, solange Cannabis noch nicht “legalisiert” ist und so lange Unbeteiligte durch bloße Beobachtung nicht zwischen verbotenem Genusskonsum und erlaubter therapeutischer Einnahme unterscheiden können.

Es ist relativ einfach zu prophezeien und daher muss (eindringlich!) davor gewarnt werden, dass ein erhebliches Konfliktpotenzial entstehen kann, wenn künftig an ACM/SCM – Ständen im Rahmen von Aufklärungskampagnen mit Flyer-Verteilung öffentlich von den Standbetreibern Cannabis im medizinischen Kontext  inhaliert wird.

Natürlich kann die Polizei – sofern sie gerufen wird – in solchen Situationen dann wenig ausrichten, weil aufgrund der Genehmigungen eine rechtliche Lage existiert, die – anders als bisher – durch die Staatsmacht gelöst werden muss. Zugleich darf der in der Öffentlichkeit Cannabis inhalierende Patient aber nicht erwarten, dass er wegen seiner Selbstmedikation mit Beifall oder absolutem Verständnis überhäuft wird. Insbesondere dann nicht, wenn aus einer “individuellen Medizin-Einnahme” ein gemeinsames Ritual gemacht wird, in der ein Bong oder ein Joint reihum geht und/oder wenn dabei etwa Kinder als Zuschauer zugegen sind.

Womöglich sollten Patienten, die stur darauf beharren ihrer Genehmigung wegen auch überall ihr Kraut rauchen zu dürfen, sich einmal folgende Situation vorstellen:

Man sitzt mit mehreren Personen in gemütlicher Runde zusammen in einem Lokal.  Die Stimmung ist ausgelassen. Alle sind gut drauf.

Plötzlich packt am Nebentisch ein Herr ein kleines Täschchen aus, rollt den Ärmel seines Hemdes hoch, bindet sich den Arm ab, führt die Nadel einer fertigen Spritze zur Vene in der Armbeuge (die schon recht gelöchert aussieht) und findet nach einigem Stochern endlich einen sicheren Venenzugang.  Er drückt den Kolben der Spritze runter und lehnt sich Augenblicke später mit geschlossenen Augen sichtlich entspannt zurück, nachdem er die Nadel aus dem Arm gezogen – und das nachsickernde Blut abgetupft hat…

Wie würde die gemütliche Runde wohl darauf reagieren?

Was würde der Wirt/die Wirtin des Lokals unternehmen?

Was hätte man dem Herrn am Nachbartisch argumentativ entgegenzusetzen, wenn dieser seinen Substitutions – Ausweis hervorkramt und meint, dass er lediglich seine Medizin nimmt, dass es sich um sein verschriebenes Take-Home – Medikament handelt und dass also rein rechtlich alles legal ist…?!

Als Cannabis nutzender Patient braucht man weder öffentlich – noch ritualisiert oder in provokanter Art zu “kiffen”. Jeder weiß, dass man beispielsweise Gras-Kekse wesentlich unauffälliger zu sich nehmen kann.

Oder man macht es wie der Chefredakteur der angesehenen Hanfgazette „XY“, der anlässlich des Patienten-Treffens nach der ersten Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags damals in lockerer Runde inmitten eines Lokals seinen niedlich-handlichen Vapo so dezent einsetzte, dass selbst die Mehrheit der mit am Tisch sitzenden Patienten nicht mitbekommen hat, was da läuft. Ein unbeteiligter Beobachter hätte ihn für einen Mate – Trinker halten können.

Dabei kann man bei einfacher Auslegung der WHO – Begriffsdefinition des Wortes „Droge“ den Mate ebenso als “Droge” betrachten…Wenn man es drauf anlegt.

 

we are not criminals

 

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