Polizisten gegen Patienten auf der Hanfparade

Berlin, 07.08.2010, HANFPARADE:

Eine kleine Gruppe entschlossen wirkender Ordnungshüter versucht beflissen, gegen einen kiffenden Demo-Teilnehmer vorzugehen – was an sich nichts Außergewöhnliches ist. Cannabis-Konsum an sich ist zwar nicht verboten, aber wer konsumiert muss auch Cannabis besitzen und dies ist „verboten“ (oder zumindest nicht explizit erlaubt) und stellt einen Straftatbestand dar.

 

Die Staatsgewalt muss daher eingreifen, um die möglichen Besitzverhältnisse am Konsumgut festzustellen und bedient sich dafür in aller Regel einer Personalien-Überprüfung und ggf. vorübergehenden Festnahme des auffälligen Konsumenten – auch wenn inzwischen immer mehr Beamte zur Überzeugung gelangen, dass gegen Falschparker vorzugehen eindeutig sinnvoller ist als harmlose Kiffer zu verfolgen.

Besonders erwähnenswert am genannten Vorfall jedoch ist, dass es sich bei dem zu überprüfenden Konsumenten um den am Tourette-Syndrom erkrankten Lars S. handelt, der in der Cannabis-Aufklärungs- und Aktivistenszene als "Dr. Hanf" bekannt ist.)

 

Lars verfügt seit etwa Ende 2009 über eine sog. „Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis nach § 3 Abs. 2 BtMG“ und gehört daher zu dem kleinen überschaubaren Patientenkreis von nur rund 40 Personen, die in Deutschland behördlich genehmigtes Cannabis zur Linderung ihrer Krankheit einsetzen dürfen. Überall. Natürlich auch auf einer Demonstration für die Legalisierung von Cannabis, auf der sich die Teilnehmer u.a. für die existenziellen Interessen von cannabisbedürftigen Kranken einsetzen.

Natürlich konnten die martialisch wirkenden Gesetzeshüter in Grün nicht von vornherein wissen, dass Lars S. ein „Genehmigter“ ist. Insofern sei die Frage gestattet, ob der massive Einsatz mehrerer Beamter zur Überprüfung einer einzelnen Person inmitten einer Demonstration eher dem Aspekt des Selbstschutzes oder einer etwaigen – vom brennenden Joint ausgehenden Gefahr – geschuldet sei.

 

 

Peinlich war der Einsatz dennoch. Geradezu beschämend und unverständlich. Und nicht zu vergessen: im Sinne des Steuerzahlers empörend unverhältnismäßig, berücksichtigt man das gnadenlose, erst kurz zurückliegende Debakel auf der Love-Parade in Duisburg…

 

Man stelle sich vor, fünf Schutzpolizisten würden aus einer mehrere hundert Personen zählenden Gruppe von Fußballfans auf dem Weg zum Stadion einen einzelnen Fan heraus greifen und dessen Personalien überprüfen, bloß weil dieser mehrfach an einer Bierdose genippt hat…

Dieses Video der Hanfparade zeigt die Aufregung der Polizeibeamten wegen einer Damiana-Zigarette (das Kraut gibt’s in jedem Kräuterladen legal zu kaufen): https://de.wikipedia.org/wiki/Damiana

 

 

Es muss endlich Schluss sein mit diesem baren Unsinn, mit diesem unverhältnismäßigen Sicherheitswahn! Kiffer sind in aller Regel harmlos. Es geht keine Gefahr von ihnen aus; selbst wenn sie der bestehenden Gesetzeslage zum Trotz ihr Spaß- oder Sportzigarettchen in aller Öffentlichkeit und unter freiem Himmel rauchen. Noch sehr viel harmloser sind aber Patienten, die an einer schweren Erkrankung leiden und (zumindest moralisch) das Recht haben, sich in jeder Situation ihres Medikamentes zu bedienen.

 

Anzumerken ist immerhin, dass sich besagte Polizisten nach kurzer Sichtung der Genehmigungspapiere ohne weitere Beanstandung still und zügig vom Ort des Geschehens entfernt haben. Sicher dürfte allerdings sein, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein einziger der involvierten Polizisten jemals eine solche Genehmigungs-Urkunde gesehen hat und sich dennoch nachhaltig vom Urkundenstempel mit Bundesadler hat überzeugen lassen.

Leider ist nicht übermittelt, ob der Gruppen-Einsatzleiter sich der guten Ordnung halber bei Lars S. für die aufdringliche Unannehmlichkeit entschuldigt hat…

 

A. J.

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