Sehr geehrter Herr Schinkel !
Ehrlich gesagt bin ich ziemlich enttäuscht, denn ein bisschen mehr Fachkompetenz hätte ich von Ihnen schon erwartet. Inzwischen habe ich allerdings den Eindruck gewonnen, dass Sie uns Patienten in keinster Weise ernst nehmen. Wie sollen wir Sie ernst nehmen wenn Sie von uns einen Sachkenntnisnachweis für Cannabis verlangen, den es laut Ihrer eigenen Aussage (auf Anfrage meiner Tochter am Telefon) noch gar nicht gibt.
Am 16. April wollen Sie diesen Schrieb im Briefkasten haben. Wie soll das gehen ??? Ich bitte Sie um eine klare Antwort zu diesem Punkt !!! Die Zeit läuft…….
Sehr geehrte Frau Weber,
Ihre Ausweiskopie haben wir erhalten. Das Sie zu dem Eindruck gelangen, dass wir Sie und andere Patienten nicht ernstnehmen, kann ich durchaus nachvollziehen. Das dem nicht so ist und wir im Rahmen unserer personellen Möglichkeiten nachdrücklich nach einem gangbaren Weg suchen, wie wir zum einen dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG), wonach Ausnahmegenehmigungen für Einzelpatienten zur therapeutischen Anwendung von Cannabis nicht ausgeschlossen sind entsprechen können, und zum anderen die Rahmenbedingungen des Betäubungsmittelgesetzes nicht außer acht zu lassen. Sie werden sich durch einen Blick in das BtMG leicht selbst davon überzeugen können, dass das Regelungskonzept des Betäubungsmittelgesetzes nicht auf die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zu therapeutischen Zwecken abgestellt ist . Als kleines Beispiel das von Ihnen angesprochene Erfordernis der Sachkenntnis:
Nach § 3 Abs. 2 BtMG kann eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungmittel nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder “anderen” im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilt werden. Laut Urteil des BVerwG können “andere Zwecke” auch therapeutische Zwecke sein. Nun sehen Sie sich bitte in § 6 Abs. 1 Nr. 4 BtMG an, an welche “anderen” Zwecke der Gesetzgeber gedacht hatte: Hier wird als Nachweis der Sachkenntnis in allen “anderen” Fällen als BtM-Herstellung und Einsatz für wissenschaftliche Zwecke eine Berufsausbildung als Großhandelskaufmann in den Fachbereichen Chemie oder Pharma sowie eine mind. einjährige prakt. Tätigkeit im BtM-Verkehr verlangt. Ganz offensichtlich hatte der Gesetzgeber also bei der Konzipierung des BtMG bei “anderen Zwecke” an Handelstätigkeiten gedacht. Dies ist folglich keine Option, die für die von Ihnen und anderen Patienten angestrebte Erlaubnis großen Sinn macht. Folglich haben wir in unseren Mängelschreiben auch auf die Zitierung dieser Option verzichtet. Im Rahmen des Ermessensspielraumes, den wir nach § 6 Abs. 2 BtMG haben, versuchen wir nun, für den Sachkenntnisnachweis einen Rahmen zu formulieren, der dem Erlaubnisinhalt zwar angemessen, aber die Hürde für Antragsteller nicht unüberwindbar macht. Ein in dem Schreiben an Sie formulierter Vorschlag ist z.B. ein Medizinstudium, welches auch vom BtMG für den regulären therapeutischen Weg nach § 13 BtMG vorausgesetzt wird. Anderweitig erworbene pharmazeutische oder medizinische Kenntnisse können sicherlich auch hilfreich sein. Das Erfordernis einer Sachkenntnis ist auch sicherlich unterschiedlich zu bewerten, ob nun eine Erlaubnis z.B. zum Eigenanbau oder zum Erwerb eines standardisierten Extraktes erteilt werden kann. Seminare, in denen man eine Sachkenntnis erwerben kann, um sich selbst mit Cannabis zu therapieren, gibt es nicht. Was sollte ich also Ihrer Frau Mutter im jetzigen Stadium, in dem sich Ihr Antrag befindet, bei ihrer telefonischen Nachfrage raten? Sie wird sicherlich keine entsprechende Berufsausbildung machen können und wollen. Von daher können für den Fall, dass sich kein Mediziner zur Benennung bereitfindet, Antragsteller und benannte Verantwortliche auf dem auszufüllenden Erklärungsformblatt nur die vorhandene Ausbildung mit Kopie des Ausbildungsnachweises aufführen und formulieren, auf Grund welcher Umstände sie sich in der Lage fühlen, der betäubungsmittelrechtl. Verantwortung nachzukommen. Sollten wir Zweifel haben, dass die genannten Bedingungen ausreichen, würden wir keinen Antrag ohne vorherige Rücksprache mit der Möglichkeit, einen anderen Verantwortlichen zu benennen, ablehnen.
Wichtiger für die Entscheidungsfindung sind aussagekräftige ärztliche Gutachten und die medizinischen Voraussetzungen. Hier sind vom BVerwG die Hürden sehr hoch gelegt worden, unter welchen medizinischen Voraussetzungen eine Erlaubnis überhaupt erteilt werden könnte. Dies wird leider in den einschlägigen Kreisen überhaupt nicht thematisiert, sodass bei vielen Antragstellern Hoffnungen geweckt worden sind, die sich nicht erüllen lassen werden.
Ich hoffe, dass diese ausführliche Stellungnahme auf Ihre Fragen Ihnen geholfen hat, für unsere Fragen und Anforderungen, die aus Ihrer Patientenperspektive seltsam anmuten müssen, mehr Verständnis aufzubringen.
Sollten Sie bis zum 16.4.07 nicht alle erforderlichen Angaben und Unterlagen beisammen haben, geben Sie uns bitte – wie im Schreiben formuliert – schriftlich an (gerne auch per Mail), bis wann wir mit Ihrer Antwort rechnen können.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Dr. Schinkel
Bundesopiumstelle
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn
Geschäftszeichen: 82
Tel. 0228/207-5127
Fax 01888/10 307 5127
Aufrufe: 35