GENEHMIGUNGSINHABER-PROBLEME

 

Thanks to Ivan Art and Marco Renda from "Treating Youself Magazine"

 

1.

Mein Name ist Uwe C., ich bin 46 Jahre alt, bislang nicht vorbestraft, zweifacher Vater und Großvater, verwitwet seit 1998 und seither alleinerziehend. Überdies bin ich seit dem 22.01.2009 Inhaber einer Ausnahmegenehmigung zur legalen Nutzung von Medizinal-Cannabisblüten. Die genehmigte monatliche Menge beträgt 84 Gramm Bedrocan-Cannabis.

Ich leide seit 1997 an einem chronischen schweren neurophatischen Schmerzsyndrom nach Plexusausriss C5-C8 (schwerer Verkehrsunfall). Der Grad meiner Behinderung beträgt 90 %. Ich hatte sehr aufwändige, gefährliche und ausgesprochen belastende Nerventransplantationen, Rückenmarksoperationen (operative Einpflanzung einer “Spinal cord stimulation”, wenige Monate danach wieder Entfernung derselben sowie eine spätere Drezläsion von TH1-C5). Trotz dieser Maßnahmen leide ich an ständigen neuropathischen und körperlichen Schmerzen, die mein Leben sehr stark und bis an die Grenzen der Leidensfähigkeit einschränken und belasten. Durch besagte Eingriffe habe ich das Gefühl, nur eine (rechte) Körperhälfte zu besitzen, d.h. die Empfindung einer immer kalten, "eingeblechten" rechten Körperhälfte. Meine Wirbelsäule und sonstige Skelettur weist eine ausgeprägte Skoliose auf: Linker Arm, linke Schulter und linke Brust sind durch operative Entfernung des Brustnervs degeneriert.

Vor geraumer Zeit – vor der Cannabistherapie-Erlaubniserteilung –  erfolgte gegen mich wegen Anbau und Besitz von Cannabis eine Hausdurchsuchung und eine Anklage. Momentaner Stand des Verfahrens ist eine Verurteilung zur Zahlung von 6.300 € Geldstrafe, gegen die ich Berufung eingelegt habe. Hierbei schlagen zusätzliche Anwaltskosten und Kosten für Laboruntersuchungen hinsichtlich des beschlagnahmten Asservates (unter Einbeziehung des Wertes der sonstigen beschlagnahmten Gegenstände) mit insgesamt rund 13.000 zu Buche.

 

 

Seit Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 2 BtMG auf pflanzliches Cannabis musste ich im Verlaufe mehrerer Monate bedingt durch schwerste Schmerzzustände mehrmals über die Nothilfe in eine Klinik eingewiesen werden; deshalb kann ich meine monatliche Bedarfsmenge an benötigtem Cannabis nicht wirklich konkret benennen. Dennoch habe ich bisher für dieses lindernde Mittel seit Januar 09 cirka 8.200 € aufwenden müssen. Die letzten Bedrocan-Bestellungen musste ich aufgrund meiner desolaten Finanzlage inzwischen mit geliehenem Geld begleichen. Mein Antrag auf Kostenübernahme durch die BG wurde klagefähig abgelehnt, wohingegen eine Übernahme der Kosten für eine Dronabinol-Therapie vorliegt.

Aufgrund der erwähnten gesundheitlichen und finanziellen Schwierigkeiten habe ich derzeit weder die Möglichkeit noch Kraft, gegen die Ablehnung der Kostenübernah­me zu klagen.

Wie kann und soll es für mich weitergehen, wenn meine finanziellen Mittel erschöpft sind? Was wird passieren, wenn nun auch noch die Strafjustiz angesichts der noch immer unklaren rechtlichen Situation cannabisnutzender Patienten, wie ich es bin, auf finanzielles Abstrafen meiner Bemühungen um Schmerzfreiheit abzielt?

 

2.

Ich bin C., ein 28jähriger Patient, der seit einem Autounfall an einem Chronischem Schmerzsyndrom leidet. Bei einem Unfall Anfang 2005 erlitt ich eine offene Unterschenkelfraktur dritten Grades rechts, Talusfraktur rechts, Os cuboideum-Fraktur rechts, Os cuneiforme laterale Fraktur rechts, Talusfraktur links, Calcaneusfraktur links, distale Fibulafraktur links, Lungenkontusion links. Darüber hinaus auch multiple Schnittwunden an Hand, Gesicht  und unteren Extremitäten. Im Krankenhaus wurde ich mit Novalgin und Paracetamol behandelt – ohne ausreichenden Erfolg. Dann wurde ich auf Tramal eingestellt, doch meine Schmerzen wurden dadurch nur bedingt gemildert. Schließlich wurde ich mit hochpotenten Opiaten therapiert, aber Nebenwirkungen wie Verstopfung, Schlafstörungen, chronische Müdigkeit, Magenschmerzen und massive Persönlichkeitsstörungen waren die Folge. Nach insgesamt knapp 20 Operationen an den Füßen halfen die gewohnten schulmedizinischen schmerztherapeutischen Maßnahmen nicht mehr und ich suchte
nach Alternativen.

Bei Internetrecherchen zum Thema Schmerzbekämpfung stieß ich auf Einträge über Cannabis als Medizin und besprach dies mit meinem Hausarzt, von dem ich wegen meiner anhaltenden Schmerzzustände eine Befürwortung auf Dronabinol erhielt. Allerdings lehnte die Krankenkasse eine Erstattung dieses Medikaments ab.

Seit kurzem bin ich nach entsprechendem Antrag beim BfArM/Bundesopiumstelle ein „Ausnahmeerlaubnis-Inhaber nach § 3. Abs. 2 BtMG“ und darf über eine Apotheke pflanzliches Cannabis beziehen, welches aus den Niederlanden importiert wird. Das Apotheken-Cannabis ist etwa doppelt so teuer wie gleichwertiges Marihuana vom Schwarzmarkt und wird von meiner Krankenkasse nicht erstattet. Die monatlichen Kosten für diese alternative, aber in Bezug auf meine Schmerzen hochwirksame Medizin sind von mir nur durch ständige Einsparungsopfer an meiner sonstigen Lebensqualität zu erbringen. Nur eine vollkommene Kostenerstattung mit üblicher Selbstbeteiligung, oder aber eine Genehmigung für den Selbstanbau von Cannabis könnten diesem unsozialen Mangel abhelfen.

3.

Mein Name ist Irene, ich bin 60 Jahre alt. Diagnose HIV und HCV. Nach meinem Erstantrag für den Eigenanbau von medizinischem Cannabis im April 2000 – vor mehr als 9 ½ Jahren also – erhielt ich nach unerhört zähem Ringen im Juli 2009 vom BfArM endlich eine sog. „Ausnahmegenehmigung“ für den Erwerb von medizinischem Cannabis aus der Apotheke. Über den Grammpreis von Bedrocan – Cannabis war ich vorab durch unser Patientennetzwerk informiert worden und ahnte, dass ich finanziell gegen derartige Wucherkosten nicht lange bestehen kann. Bei einem Abgabepreis von 14.40 €/g und einem eher konservativ gerechneten Bedarf von bloß 25 Gramm monatlich sind jeweils 360 € fällig. Das ist die Hälfte meiner Rente. Mein ursprüngliches Bestreben war es, mindestens 6 Monate Cannabis aus der Apotheke zu beziehen. In diesem Zeitfenster hoffte ich, eine Kostenübernahme – oder zumindest Kostenbeteiligung seitens der Krankenkasse zu erhalten. Ein diesbezüg­licher Antrag wurde jedoch abgelehnt, ebenso der eingelegte Widerspruch gegen diese Entscheidung. Auch unsere Patientenbeauftragte konnte mir nicht weiterhelfen. Für herkömmliche AIDS-Medikamente betragen die erforderlichen Aufwendungen 2.000 – 3.000 € monatlich. Damit hätte meine Krankenkasse – die DAK – kein Problem.

Nun sehe ich mich genötigt, beim Sozialgericht zu klagen, werde aber parallel für den Eigenanbau kämpfen. Cannabis aus regionalem Anbau hat mir 24 Jahre gut geholfen. Dafür musste weder die Krankenkasse noch die Versichertengemeinschaft bezahlen. Dem BfArM habe ich inzwischen ein Schreiben geschickt, in dem ich mitteile, dass ich aus Kostengründen aus dem Programm aussteigen muss. Somit wäre ich erneut „illegal“, allein weil ich zu der Bevölkerungsschicht gehöre, die sich – ähnlich wie bei den Kosten für Dronabinol – die geforderten Wucherpreise dauerhaft nicht leisten kann.

Der genehmigte Selbstanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken bleibt eine der zentralen Forderungen des SCM, nachdem die mit der Erlaubnis einhergehende Preispolitik für Apotheken-Cannabis den existenziellen Gesundheitsinteressen von finanziell schwach gestellten Patienten ebenso entgegensteht wie die unverständliche Haltung der gesetzlichen Krankenkassen, die Kosten für Cannabis als Medizin nicht zu erstatten.

A.J.

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