bisherige Reaktionen der Adressaten auf den Protestmailer

bisher haben lediglich 3 der Adressaten überhaupt auf den Protestmailer reagiert.
Frau Bätzing hielt dieses unmenschliche Vorgehen gegen Patienten allerdings wohl nicht für so relevant, sich selbst damit zu beschäftigen.
Der betroffene Patient ist weiterhin in U-Haft und erwartet im November seinen Prozess.

Die Antworten:

Dr. Harald Terpe MdB
Obmann im Gesundheitsausschuss
sucht- und drogenpolitischer Sprecher
Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr/Frau …

herzlichen Dank für Ihre Mail zur medizinischen Verwendung von Cannabis. Die Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, einer 51jährigen Patientin, die an Multipler Sklerose (MS) erkrankt ist, die medizinische Verwendung von Cannabis zu erlauben, ist in der Tat zu begrüssen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass das BfArM nichts anderes getan hat, als endlich ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom Mai 2005 umzusetzen. Bis dahin hatte das BfArM pauschal alle Anträge von Patientinnen und Patienten zur medizinischen Verwendung von Cannabis mit dem Hinweis auf ein fehlendes öffentliches Interesse abgelehnt. Das Gericht entschied, dass auch die Behandlung einzelner Patientinnen und Patienten im öffentlichen Interesse sein könne. Das BfArM müsse daher jeden einzelnen Antrag prüfen.

Das BfArM ist nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes dazu übergegangen, die Voraussetzungen für eine Genehmigung von Anträgen zur medizinischen Verwendung von Cannabis so auszugestalten, dass viele Patientinnen und Patienten diese schon aus Kostengründen nicht erfüllen können. So müssen nicht nur umfangreiche Gutachten des behandelnden Arztes beigebracht werden. Das Cannabismedikament muss auch in einem fest verankerten Tresor verwahrt werden. Eine weitere Hürde sind die Kosten für den Cannabisextrakt, da die Krankenkassen die Behandlung nicht übernehmen. Viele Patientinnen und Patienten verschaffen sich Cannabis angesichts der für sie unbefriedigenden Situation auf andere Weise und geraten daher mit dem Gesetz in Konflikt. Die beiden von Ihnen geschilderten Fälle sind bestimmt nur die Spitze des Eisbergs.

Die Bundesregierung ist deswegen aus unserer Sicht nach wie vor in der Pflicht, eine legale und erschwingliche Möglichkeit zur medizinischen Verwendung von Cannabis zu schaffen. Das umständliche und in vielen Fällen aussichtslose Antragsverfahren wird den Anforderungen nicht gerecht. Es muss sichergestellt werden, dass Patientinnen und Patienten, bei denen Cannabis nachweislich lindernd oder heilend wirkt, legal und kostengünstig behandelt werden können. Dies könnte erreicht werden, indem ein standardisierter Cannabisextrakt verschreibungsfähig gemacht (in die Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes aufgenommen wird) und zusätzlich auch arzneimittelrechtlich zugelassen wird. Auf diese Weise können die Krankenkassen die Kosten der Behandlung übernehmen. Eine andere Möglichkeit wäre es, beim Vorliegen einer ärztlichen Empfehlung den Umgang mit Cannabis (Besitz, Erwerb bzw. Anbau) regelmässig von der Strafverfolgung zu auszunehmen. Dies hätte im Vergleich zur Nutzung eines standardisierten Extrakts jedoch den medizinischen Nachteil, dass die Patientinnen und Patienten Selbstmedikation betreiben müssten.

Mit freundlichen Grüßen
Jörg Sauskat
(i.A. Dr. Harald Terpe)

Jörg Sauskat M.A.
wiss. Mitarbeiter


Im Auftrag von Frau Bätzing:

"Kammer, Petra -AS2 BMG" schrieb:
Sehr geehrter Her/ Frau…….

vielen Dank für Ihre an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses und die drogenpolitischen Sprecher der Parteien gerichtete E-Mail. Frau Bätzing hat sehr viele E-Mails gleichen Wortlauts erhalten. Ich wurde gebeten, Ihnen zu antworten.

Wie bereits in der Antwort der Bundesregierung vom 13. November 2006 zur "Verwendung von Cannabis zu therapeutischen Zwecken" (DS 16/3393) ausgeführt, handelt es sich bei Cannabis nach wie vor um ein nicht verschreibungsfähiges Betäubungsmittel, dessen therapeutischer Nutzen – abgesehen von Dronabinol bei bestimmten Indikationsbereichen – bis heute nicht eindeutig wissenschaftlich nachgewiesen ist. Der Bundesregierung sind zwar Studien zu bestimmten definierten und standardisierten Cannabisextrakten bekannt, jedoch haben auch diese Studien bislang keinen endgültigen Wirksamkeitsnachweis erbracht. Deshalb kommt derzeit auch eine Umstufung von Cannabisprodukten – über Dronabinol hinaus – nicht in Betracht.

Seit 1998 besteht die Möglichkeit, den synthetisch hergestellten Cannabis-Wirkstoff Dronabinol ärztlicherseits mit einem Betäubungsmittelrezept zu verschreiben. Die Krankenkassen übernehmen die dafür anfallenden Kosten im allgemeinen nicht, da die Substanz in Deutschland nicht als Arzneimittel zugelassen ist.

Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Artikel 4 Buchstabe c des Einheitsübereinkommens der Vereinten Nationen über Suchtstoffe von 1961 verpflichtet, die Verwendung von Suchtstoffen, einschließlich Cannabis, auf ausschließlich medizinische oder wissenschaftliche Zwecke zu beschränken. Gemäß § 29 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz unterfällt Cannabis deshalb der grundsätzlichen Strafbarkeit des unerlaubten Besitzes, des Anbaus und des unerlaubten Handels.

Im Mai 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) im öffentlichen Interesse liegen kann, sofern sie der Sicherstellung der notwendigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung dient. Diese kann im Einzelfall auch den Einsatz von (nicht verschreibungsfähigen) Betäubungsmitteln zur individuellen therapeutischen Anwendung umfassen. Das für die Erteilung der erforderlichen Ausnahmegenehmigungen nach § 3 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bezieht seine Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung unter Berücksichtigung der spezifischen therapeutischen Anwendung immer auf den konkreten jeweiligen Einzelfall.

In diesem Monat hat die Bundesopiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erstmals einer an multipler Sklerose erkrankten Patientin erlaubt, Cannabis zur Linderung ihrer Schmerzen einzusetzen. Diese Entscheidung war unter verantwortungsvoller Abwägung aller relevanten Sachverhalte des Einzelfalls im Interesse der individuell notwendigen medizinischen Versorgung der Patientin zu treffen. Dass eine solche Entscheidung getroffen wurde, ist Beleg dafür, dass vom Gesetzgeber durchaus eine "zivilisierte Lösung" gefunden wurde, die einer Kriminalisierung der Betroffenen vorbeugt.

Mit freundlichen Grüßen
Petra Kammer


Antwort des drogenpolitischen Sprechers der FDP Parr
23. August 2007
Cannabiswirkstoff als Medikament: Praxis muss sich ändern

BERLIN. Anlässlich der ersten Erlaubnis der Bundesopiumstelle, dass eine an Multipler Sklerose (MS) leidende Patientin ein Cannabisextrakt aus der Apotheke legal beziehen darf, erklärt der sucht- und drogenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Detlef PARR:
Die FDP-Bundestagsfraktion begrüßt diesen Schritt der Bundesopiumstelle. Sie fordert die Bundesregierung auf, endlich lang gemachte Versprechungen umzusetzen. Notwendig ist eine sichere Rechtsgrundlage, um schwerstkranke Menschen, die von Cannabis-Extrakten profitieren, nicht zu kriminalisieren. Nicht nur MS-Kranke dürfen -wie bisher – von Einzellfallentscheidungen profitieren. Ausnahmen müssen auch bei anderen Krankheitsbildern möglich sein.
Schon das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes von 2005 sieht vor, den Gesundheitszustand einzelner zu berücksichtigen. Bisher wurden Einzelanträge grundsätzlich abgelehnt. Diese Praxis muss sich nun ändern.
Anfang 2004 antwortete die damaligen Bundesregierung auf eine Initiative der FDP-Bundestagsfraktion zum Einsatz von Cannabis-Wirkstoffen in Arzneimitteln, dass "entsprechend der Koalitionsvereinbarungen die Bundesregierung seit geraumer Zeit, prüft, ob neben Dronabiol auch natürlicher Cannabisextrakt verschreibungsfähig gemacht werden kann".
Wenn ein wissenschaftlicher Nachweis über die Wirksamkeit des Arzneimittels existiert, muss auch verschrieben werden dürfen. Das enorm teuere Dronabiol wird von den Krankenkassen nicht bezahlt, da es nicht zugelassen ist. Daher sind bisher notleidende Patienten gezwungen, sich natürliches – und somit illegales – Cannabis auf eigene Faust zu besorgen und sich damit straf bar zu machen. 

Visits: 12

Comments are closed.