Beschämend: Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker diskreditiert sich selbst mit Stellungnahme zur medizinischen Verwendung von Cannabis

Gemeinsame Stellungnahme

der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM), des Verbands der Cannabis versorgenden Apotheken e.V. (VCA) und des Selbsthilfenetzwerks Cannabis Medizin (SCM)

Berlin und Steinheim, 21. Januar 2020

 

Am 14. Januar 2020 veröffentlichte das Online-Portal der Deutschen Apotheker Zeitung eine Stellungnahme der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) zur Abgabe Cannabis-basierter Medikamente. Unter dem Titel “Potentieller Missbrauch – AMK: Apotheken haben bei Cannabis eine besondere Verantwortung” beschreibt die AMK Anhaltspunkte für einen möglichen Cannabismissbrauch von Patienten. Statt allerdings sachlich zum Thema zu informieren, diffamiert die AMK nicht nur Cannabis verschreibende Ärzt*innen, sondern auch Patient*innen, die mit Cannabis behandelt werden. Mehr

noch: die AMK offenbart mit der Stellungnahme darüber hinaus ein eklatantes Wissensdefizit und schürt alte Vorbehalte gegenüber der noch jungen Therapieoption.

 

Zu den von der AMK gegebenen “Tipps”, wie eine “missbräuchliche Anwendung” durch Apotheker erkannt werden könne, möchten wir wie folgt Stellung nehmen:

 

  1. Unseres Wissens nach gibt es keine Erkenntnisse darüber, dass die “missbräuchliche Anwendung” von Cannabis als Medizin überhaupt ein relevantes Problem darstellt – ganz im Gegensatz zu anderenArzneimitteln wie Benzodiazepinen und Opioiden. Allein bei Benzodiazepinen gehen alle Schätzungen über eine Zahl von mehr als 1 Million Betroffene nur in Deutschland aus.
  2. Die Behauptung, dass “Versuche von Patienten, die Rezepturzubereitung zu beeinflussen, zum Beispiel dass die Droge unverarbeitet abgegeben werden soll” ein Hinweis auf eine “missbräuchliche Anwendung” sei, ist in doppelter Hinsicht unzutreffend: erstens darf Cannabis nur dann überhaupt vom Apotheker “unverarbeitet” abgegeben werden, wenn dies vom Arzt oder der Ärztin ausdrücklich auf dem Rezept vermerkt wurde und zweitens ist die “unverarbeitete” Gabe empfehlenswert, um z. B. einer vorzeitigen Oxidation vorzubeugen. Auch in puncto Dosierungsgenauigkeit beraten Cannabis-versorgende Apotheken ihre Patienten sehr genau und leisten pharmazeutische Hilfestellung z.B. im Umgang mit Vaporisatoren u.ä.
  3. Wieso bezeichnet die AMK die nach NRF zulässige Verordnung von unzerkleinerten Cannabisblüten als “zweifelhafte Gebrauchsanweisung”, die “nicht den pharmazeutischen Regeln” entspreche, wenn von der Mehrzahl der Experten eine solche Verordnung nicht nur aus pharmakologischen (geringere Oxidation), sondern auch aus praktischen Gründen (Vermeiden der Inhalation von kleinsten Blütenpartikeln) empfohlen wird? Dieser Tipp ist auch deshalb von erheblicher Tragweite, da nach Zahlen der gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2019 die Anzahl der Verschreibungen unverarbeiteter Cannabisblüten die Anzahl von Verschreibungen verarbeiteter Cannabisblüten deutlich überstiegen hat.
  4. Warum sieht die AMK einen Anhalt für eine “missbräuchliche Anwendung”, wenn Patient*innen sich über eine “Minderbefüllung oder Wirkungslosigkeit, inklusive mangelnder Qualität” beklagen, obwohlsolche Vorkommnisse durchaus bekannt geworden sind?
  5. Schließlich behauptet die AMK, dass ein “striktes Beharren auf einer THC-reichen oder bestimmten Cannabis-“Sorte”” ebenfalls ein Hinweis auf eine “missbräuchliche Anwendung” sei, obwohl es gut begründete Hinweise gibt, dass bei bestimmten Erkrankungen gerade THC-reiche Cannabis-basierte Medikamente besonders gut wirksam sind. Zudem ist der Wunsch nach einer “bestimmten Cannabis-Sorte”aufgrund der patienten-individuellen Wirksamkeit und Verträglichkeit legitim.

 

Unstrittig kommt Ärzt*innen und Apotheker*innen bei der Verschreibung und Abgabe von Betäubungsmitteln eine besondere Sorgfaltspflicht zu – inklusive der Beachtung der Möglichkeit einer “missbräuchlichen Anwendung” bzw. des Risikos einer Abhängigkeit. Dies betrifft allerdings nicht nur Cannabis-basierte Medikamente, sondern – und in viel stärkerem Maße – auch zahlreiche andere Arzneimittel.

 

ACM, VCA und SCM nehmen die Stellungnahme der AMK nicht nur mit großem Unverständnis zur Kenntnis, sondern auch mit großer Sorge, da der Anschein erweckt wird, Patient*innen, die mit Cannabis behandelt werden, stellten per se eine “Problemgruppe” dar und viele Ärzt*innen, die Cannabis verordnen, führten eine “zweifelhafte” und an Sorgfalt mangelnde Behandlung durch, die seitens der Apotheker*innen keinerlei Kontrolle erfahre.

 

Wir möchten die AMK auffordern, sich beim Bundesgesundheitsministerium oder der Bundesopiumstelle über die Inhalte und Ziele des “Cannabis als Medizin Gesetzes” zu informieren.

 

Gerne stehen aber auch ACM, VCA und SCM für einen Austausch zur Verfügung – nicht zuletzt da sich der Eindruck aufdrängt, dass die AMK zu einem Thema Stellung bezogen hat, ohne zuvor bei den Ärzt*innen und Apotheker*innen Auskünfte einzuholen, die täglich mit dem Thema “Cannabis als Medizin” praktisch und patientennah befasst sind.

 

Quelle: “Potentieller Missbrauch – AMK: Apotheken haben bei Cannabis eine besondere Verantwortung”. Online-Portal der Deutschen Apotheker Zeitung, 14. Januar 2020. Verfügbar unter:

https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/01/14/amk-apotheken-haben-bei-cannabis-eine-besondere-verantwortung

 

Ansprechpartner*innen:

 

Professorin Dr. Kirsten Müller-Vahl, Vorstandsvorsitzende der ACM Dr. med. Franjo Grotenhermen, Geschäftsführer der ACM ACM-Geschäftsstelle Bahnhofsallee 9

32839 Steinheim

Telefon: 05233-9510294

E-Mail: Info@Cannabis-med.org

 

Apothekerin Astrid Staffeldt, Mitglied des Vorstandes des VCA VCA Albrechtstrasse 13

10117 Berlin

Telefon:030-84712268-90

E-Mail berlin@vca-deutschland.de

 

Gabriele Gebhardt

Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin

c/o ACM-Geschäftsstelle

Bahnhofsallee 9

32839 Steinheim

Telefon: 05233-9510294

E-Mail: Info@Cannabis-med.org

 

Verantwortlich i.S.d.P: Professorin Dr. Kirsten Müller-Vahl, Geschäftsstelle der ACM, Bahnhofsallee 9, 32839 Steinheim

Visits: 895

Comments are closed.