Nach der schriftlichen Anfrage einer verzweifelten Patientin aus dem Schwäbischen an einen Arzt aus dem Hessischen, der der Cannabistherapie bekanntermaßen offen gegenübersteht, antwortet der Arzt wie folgt:
Sehr geehrte Frau K.,
ich bin zur Zeit sehr verunsichert und weiß nicht, ob ich dieses Cannabis-Gesetz überhaupt noch weiter unterstützen soll.
An der Tatsache, dass Sie 300 Kilometer anreisen müssten, um zu einem Arzt in Hessen zu kommen, der Cannabis verschreibt, erkennt man, dass die Ärzteschaft dieses Gesetz nicht unterstützt.
Warum ist da kein Arzt im Umkreis von 10-20 Kilometer zu Ihrem Wohnort?
Die bisher von mir gestellten 21 Anträge (3 positiv beschieden, einer positiv erzwungen durch Sozialgerichtsurteil) haben mich pro Patient 4-5 Stunden Arbeit gekostet. Anamnese, Untersuchung neuer Patienten, Ausfüllen des Fragebogens usw. Dadurch vernachlässigte ich meine alten, seit Jahren treuen Patienten und verliere sie. Und das Ganze für 47 Euro Quartalshonorar pro Patient.
Heute schaute ich mir zum ersten Mal die sog. „Begleiterhebung“ an, zu der ich ja verpflichtet bin. Ein vielseitiges Formular. Ich arbeite 80 Stunden in der Woche oder mehr. Und wenn ich immer mehr Cannabis-Patienten annähme, so würde ich meine Praxis bald mit burn-out aufgeben müssen. Damit ist auch niemandem geholfen. Ich weiß noch nicht, was mit der „Begleiterhebung“ auf mich zukommt. Wie oft bei der Begleitung der Therapie erhoben werden soll. Das soll ja alles ohne Honorar für den Arzt erfolgen. Diese Fragen werde ich morgen der Bundesopiumstelle stellen. Es sieht ganz so aus, als ob ich einen Schlussstrich unter mein Cannabis-Kapitel ziehen werde. An einem Patienten wie Sie, der 2 Gramm Cannabis pro Tag braucht, verdient die von der Politik begünstigte Apotheke 7300 Euro im Jahr vor Steuern. Und ich soll meine Arbeit für 4x 47 Euro vor Steuern machen, und ich habe wirklich Arbeit, während die PTA in der Apotheke die Dosen über den Ladentisch schiebt.
Ich bin für die Freigabe des Anbaus von 4-6 Cannabis-Pflanzen pro Patient pro Jahr. Und solange die Lobbypolitiker diese Entscheidung nicht fällen, bin ich für bürgerlichen Ungehorsam. Man tut es eben und wenn man erwischt wird, dann hat man als Märtyrer auch einen Dienst an der guten Sache geleistet.
Es tut mir leid, Ihnen keine andere Auskunft geben zu können.
Mit freundlichen Grüßen
M. v. T.
(Anm.: Mit Rücksicht auf etwaige Kommentar-Trolle haben wir den Namen des betreffenden Arztes gekürzt wiedergegeben. Das Einverständnis zur Veröffentlichung des Textes inklusive Namensnennung liegt uns indes vor.)
Visits: 15