Markus

Mein Name ist Markus, ich bin 1975 geboren, und leide etwa seit dem Jahr 2001 an Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans).

Die genaue Ursache der Krankheit, die zur Gruppe der rheumatischen Leiden zählt, ist bis heute nicht vollständig geklärt, allerdings scheint ein genetisches Merkmal, das bei mir positiv getestet wurde, hier eine wichtige Rolle zu spielen.

Morbus Bechterew gilt als nicht heilbar und äußert sich als chronische Entzündung der Wirbelkörper, die unter heftigen Schmerzen zu einer fortschreitenden Degeneration und Verknöcherung des Knorpelgewebes schließlich zu einer vollständigen Versteifung der Wirbelsäule führt. Im schlimmsten Fall kann die Wirbelsäule brechen, mit der Gefahr einer Rückenmarksschädigung/Querschnittslähmung.

Nach dem Ausbruch meiner Krankheit wurden innerhalb weniger Monate meine Schmerzen so stark, dass ich nachts nicht länger als 2 bis 3 Stunden am Stück schlafen konnte, und dann vor Schmerzen wieder aufstehen musste. War diese Situation durch den Schmerzzustand und den Schlafmangel bereits kaum noch zu ertragen, wurde ich zunächst auch noch von einem Orthopäden fälschlicherweise auf akuten Hexenschuss mit einem entzündungsfördernden (!) Mittel behandelt, und wusste bald nicht mehr, wo mir der Kopf stand.

Nach einem Arztwechsel wurde die Krankheit korrekt diagnostiziert – ein Glück, das die Allerwenigsten haben. Bechterew-Patienten müssen sich im Schnitt etwa 7 Jahre mit ihren Schmerzen herumquälen, bis ein Schulmediziner endlich der richtigen Eingebung folgt, und die entscheidenden, aber teuren Untersuchungen durchführt.

Ich wurde darauf hin neben regelmäßiger Krankengymnastik mit verschiedenen entzündungshemmenden Präparaten (Ibuprofen, Diclofenac-Natrium, Indometacin, Vioxx, Arcoxia) behandelt, und durchaus mit Erfolg, was die Entzündung und die Schmerzen anbelangt. Die Kehrseite sind jedoch die Nebenwirkungen, die mir u.a. bereits eine irreversible Schädigung der Nieren eingebracht haben.

Seitdem das Präparat Vioxx, ein COX-2 Hemmer, vom Markt genommen wurde – es waren wohl einfach zu viele Menschen daran gestorben (Herzinfarkt, Schlaganfall) – werde ich bis heute mit dem Nachfolgepräparat Arcoxia behandelt, das zur gleichen Wirkstoffgruppe gehört. In Fachkreisen werden daher ähnliche Nebenwirkungen vermutet.

Alternativ bestände noch die Möglichkeit, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, und einen neuartigen TNF-alpha Blocker, mit dem es noch keine Langzeiterfahrung gibt, einzusetzen. Dieser würde mein Immunsystem so weit unterdrücken, dass mein Körper nicht mehr in der Lage wäre, eigenes Gewebe anzugreifen. Das selbe würde dann aber auch für Krankheitserreger gelten, so dass ich mir dann gleich ein Krankenhaus-Dauerabonnement mit dazu buchen könnte, denn der nächste Schnupfen kommt bestimmt …

Ich habe aber für mich herausgefunden, dass ich mit relativ geringen Mengen Cannabis meine Krankheit zwar nicht heilen, aber mir eine deutliche Linderung der verschaffen kann. Und zwar nicht nur hinsichtlich der Schmerzen, sondern vor allem auch hinsichtlich der ursächlichen Entzündung. Mein Rheumatologe, dem ich aus Angst vor juristischen Folgen nichts von meiner Eigentherapie erzählt hatte, war daraufhin immer begeistert, dass ich bisher meine Beweglichkeit beinahe vollständig erhalten konnte, während ein Bekannter, der etwa gleichzeitig mit mir erkrankt ist, inzwischen Schwerbehindertenstatus besitzt.

Durch die Cannabiseinnahme konnte ich den gefährlichen COX-2 Hemmer in der Dosis deutlich senken, und während der Sommermonate – wenn ich nicht gerade einen Krankheitsschub hatte – sogar über mehrere Tage ganz weglassen. Ohne toxische Nebenwirkungen. Ohne Abhängigkeit. Vollständig in die Gesellschaft und dank ausreichenden Schlafs wieder ins normale Berufsleben integriert. Ich meine, ein solcher Erfolg gibt mir Recht!

Doch eines Tages beschlossen ein paar Betonköpfe des LKA Schleswig-Holstein, einen regelrechten Feldzug gegen die Bevölkerung bundesweit in Form einer Welle von Hausdurchsuchungen bei mehreren tausend (!) Personen zu starten. Ich war eines der Opfer dieser sinnlosen Aktion, weil ich wie die übrigen in der Kundenkartei eines Internet-Versandhändlers, dem eine Straftat vorgeworfen wurde, geführt war.

Aufgrund "kriminalistischer Erfahrung" – der Allroundbegründung unserer Ordnungshüter, die immer dann missbraucht wird, wenn Logik und Naturwissenschaft nicht als Argument greift – schloss das LKA darauf, dass auch alle Kunden des Händlers Verbrecher seien müssten, und so fand bei mir in meiner Abwesenheit eine Hausdurchsuchung statt.

Mir wurde vorgeworfen, Sprengstoff hergestellt zu haben!

Der eigentliche, stark konstruierte Tatvorwurf platzte umgehend bereits zu Beginn der Durchsuchung. Natürlich war da kein Sprengstoff! Aber die vier Beamten, darunter zwei Sprengstoffexperten, wollten nun mal nicht mit leeren Händen gehen, also wurde mein Haus systematisch nach Zufallsfunden durchsucht, bis dabei endlich und "zufällig" eine nicht geringe Menge Cannabis aus eigenem Anbau gefunden – und selbstverständlich beschlagnahmt wurde.

Die Beamten waren sich dabei nicht zu schade, mir ausrichten zu lassen, ich solle doch mit dem Cannabiskonsum aufhören, weil ich sonst impotent werden würde!

Seither bin ich wieder auf hohe Dosen des COX-2 Hemmers angewiesen. Von meinem Hausarzt  bekomme ich zwischenzeitlich Dronabinol, halbsynthetisches Delta-9 THC, verschrieben, das gegen meine schlimmsten Beschwerden zwar halbwegs hilft, leider aber bei weitem nicht so gut wie natürliches Cannabis. Dazu kommt, dass die Wirkung bei oraler Einnahme vollkommen unberechenbar ausfällt; da für mich sowohl die Ausübung meines Berufs als auch Fahren unter Drogeneinfluss nicht in Frage kommt, kann ich das Dronabinol nur am Wochenende und im Urlaub einnehmen.

Für mein Eigentherapie, mit der ich niemanden geschädigt, die Allgemeinheit vor hohen Arzneimittelkosten und mich vor irreversiblen Gesundheitsschäden bewahrt habe, hat sich der Freistaat Bayern nun kürzlich "im Namen des Volkes" an mir mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen gerächt, während jährlich nach hochoffiziellen Zahlen 140.000 Menschen unter hohen Kosten für die Allgemeinheit an den legalen Drogen Alkohol und Nikotin qualvoll verrecken.

Stand heute ist es möglich, sich als Pharmakonzern ein Recht auf den kommerziellen Verkehr mit  lebensgefährlichen Präparaten im industriellen Maßstab beim Bundesamt für Arzneimittel (BfArM) zu erkaufen. Patienten, die keinerlei kommerzielle Interessen verfolgen, und lediglich die Erlaubnis vom BfArM fordern, für notwendige, eigene Therapiezwecke ein paar Hanfpflanzen ohne Angst vor Strafverfolgung in Blumentöpfe stecken zu dürfen, werden die selben Auflagen eingefordert, darunter Anbau und Aufbewahrung in einem Stahlbeton armierten Raum etc., die von einer Privatperson kaum erfüllbar sind.

Solche Zustände, die in meinen Augen nichts mit einem Rechtsstaat und dem nach Artikel 2 Abs. 2 unseres (anscheinend zum Verdruss mancher Kräfte aus Politik und Wirtschaft noch immer geltenden) Grundgesetzes garantierten Recht auf körperliche Unversehrtheit zu tun haben können, sind unerträglich, und müssen unbedingt bereinigt werden – im Namen der Patienten, im Namen des Volkes!

Markus ist zweiter SCM-Sprecher. 

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